Fahr hin & werd glücklich„Wieder so ein Reiseführer!“ dachte ich. Als gelernter Geograph kaufe ich ja immer alles, was die Buchhandlungen über den Ort hergeben, in dem ich aktuell lebe. Und an der Weinstraße lebe ich seit fast 23 Jahren, heimatbezogene Literatur füllt bei mir inzwischen einen ganzen Bücherschrank - was will man mir da noch über Ausflugsziele beibringen? Seit ich in 1999 in Neustadt Quartier bezogen habe verbringe ich die Sommerferien konsequent als Heimschläfer, ich bilde mir also ein, dass ich so manch alteingesessenem Pfälzer noch sehenswerte Plätze zeigen kann, die er selber noch nie gesehen hat.
Alla hopp! Ich habe das Buch vom Herrn Landgraf natürlich gekauft. Vom Sehen kennen wir uns aus den Straßen Neustadts, er macht hier historische Stadtführungen und ist mir deshalb schon öfter wegen seiner prächtigen Kostümierung aufgefallen. Er nickt mir immer freundlich zu. Ob er das tut, weil er mich aus irgendeinem Grund wiedererkennt, oder ob er einfach jeden grüßt, weil er irgendwann einmal Bürgermeister werden will, bleibt mir jedoch bis heute ein Rätsel. Gesprochen habe ich nie mit ihm. Trotzdem war ich neugierig. Allzuviele Neuigkeiten habe ich von dem Bändchen jedoch nicht erwartet, in dem auf 80 Doppelseiten ebensoviele Ausflugsziele beschrieben und mit meist selbst gemachten Fotos bebildert werden.
Wie man sich doch täuschen kann. Holla, die Waldfee! Der Mann kennt sich aber gut aus in der Pfalz! Als passionierter Radfahrer macht er wohl jeden Sommer das, was ich mit dem Motorrad tue, nämlich Urlaub in der Pfalz. Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Selbst zu den Örtlichkeiten, die mir durch zahlreiche eigene Ausflüge wohl vertraut sind, konnte er mir noch Wissenswertes und und vor Allem Neues erzählen. Systematisch berücksichtigt er dabei auch die Bedürfnisse des fahrzeuglos Reisenden, indem er die Anbindung seiner Ziele an den ÖPNV beschreibt. Das finde ich sympathisch, wird es doch leider viel zu oft vergessen in der einschlägigen Literatur.
Bleibt noch anzumerken, dass Herr Landgraf nicht nur einen sehr angenehmen Erzählstil pflegt, sondern dass er auch mit der Kamera leidlich umgehen kann. Auf einigen Bildern meine ich sogar die Verwendung eines Polfilters beobachtet zu haben, ein Accessoire, welches in Zeiten digitaler Bildbearbeitung leider auszusterben droht, zeugt es doch von bewusster und durchdachter Bildgestaltung bereits während der Aufnahme.
Dieses Buch könnte nicht mehr und nicht weniger werden als meine Checkliste für die Sommerferien, der Fahrplan für mein Sommerprojekt. Diese Tradition habe ich vor einigen Jahren einschlafen lassen und würde sie sehr gerne wiederbeleben. Vielleicht hilft mir dieses Buch dabei.
Ich betrachte „Glücksorte an der Deutschen Weinstraße“ als echten Glückstreffer, hebe alle verfügbaren Daumen, vergebe drölfeinhalb Sterne und sage: Lesen, und zwar unbedingt und sofort!