Samstag, 28. Dezember 2013

Guillaume Long: Kann denn Kochen Sünde sein?

Ein Comic für Genießer

Der Zeichner Guillaume Long betreibt auf der Webseite der französischen Tageszeitung Le Monde seit Jahren einen Blog mit dem selbsterklärenden Titel "À boire et à manger". Hier unterhält und informiert der Hobbykoch und Feinschmecker seine Leserschaft mit gezeichneten Anekdoten rund um Essen und Trinken, Rezepten und Warenkunde. Mit "Kann denn Kochen Sünde sein" hat der Carlsen-Verlag jetzt viele dieser witzigen Comics auch einer deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht. Und weil es so viele vielversprechende Rezepte enthält, stelle ich dieses wunderbare Buch nicht in den Comicschrank sondern in das Regal mit den Kochbüchern. Außerdem habe ich jetzt Hunger!

Lecker! Unbedingt lesen!

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Manfred H. Krämer: Tod im Saukopftunnel

Bei den Bauarbeiten zu einem Straßentunnel wird beim Einsturz eines ehemaligen Bergwerksschachts ein zwanzig Jahre altes Massengrab entdeckt. 19 Leichen von unterschiedlich alten Menschen lagen dort versteckt. Doch auch nach dem Fund bleibt es gefährlich. Bald darauf wird Bertha Solomons Vater, ein Fuhrunternehmer, der erst vor kurzem in den Ruhestand gegangen war, erschossen. Wenig später werden der Reihe nach seine engsten Freunde auf bestialische Weise ins Jenseits befördert. Solo und ihr Lebensgefährte Lothar Zahn stellen auf eigene Faust Nachforschungen an und ziehen sich so zunächst den Unwillen der ermittelnden Kriminalkommissarin zu.

Auch dieser Roman von Herrn Krämer erzählt einen komplizierten Kriminalfall, ist spannend bis zur letzten Seite und seine sprachliche Qualität ist besonders lobend zu erwähnen.

Ein tolles Buch! Lesen, und zwar sofort!

Dienstag, 17. Dezember 2013

Manfred H. Krämer: Die Skorpionin

Sie ist schön. Sie ist ein Top-Modell. Und sie ist eine Mörderin. Anna-Sophia Barlow nimmt sich, was sie haben will und manipuliert dabei Männer wie Frauen.
Als ihr eines Tages der Ehemann durch Mord genommen wird und einige Jahre später das Kind in den Suizid getrieben, ahnt sie noch nicht, was dahinter steckt. Später, viel später erkennt sie die Zusammenhänge und ersinnt einen grausamen Racheplan. Doch zuerst muss sie den Mörder aus dem Gefängnis befreien.

Ich will es kurz machen: Dieser Roman ist der beste, den ich bisher von Herrn Krämer gelesen habe. Geschickt verknotet er mehrere Zeitebenen miteinander, gekonnt und sprachlich brillant setzt er die unterschiedlichsten Stilmittel ein. Die Charaktere werden plastisch und begreifbar, ihre Motive glaubwürdig.

Ein tolles Buch! Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Manfred H. Krämer: Mordsquilt

Fünf nette Damen treffen sich regelmäßig bei Prosecco im Hinterzimmer eines Handarbeitsladens. Sie plaudern und tratschen, fertigen kunstvolle Quilts an und bringen Leute um. Jede tut dies anders und aus anderen Motiven. Aber allen Morden ist gemeinsam, dass sie mit Entschlossenheit und unerbittlicher Härte durchgeführt werden.

Und wieder legt Manfred H. Krämer einen brillant ausgeknobelten Krimi vor. In fünf Episoden, die locker auch als makabere Kurzgeschichte durchgehen würde, schildert er die verschiedenen Verbrechen. Dabei lernt man die Motive kennen, die Menschen zu Mördern machen können. Dass die fünf Damen mit dieser Nummer nicht durchkommen, ist von Anfang an klar. Aber am Ende tut es einem fast leid, dass sie erwischt werden.

Ein tolles Buch!
Unbedingt lesen!

Sonntag, 24. November 2013

Manfred H. Krämer: Spargelmord

Immer wieder gibt es Ärger in Lampertsheim, wo die Spargelbauern die alten Spargelhäuschen, in denen früher die Ernte verarbeitet wurde, abreißen möchten. die stehen im Weg herum und behindern moderne Anbau- und Erntetechniken. Mal wird eine Hallenwand mit Grafitti verunstaltet, mal geht eine Maschinenhalle gar in Flammen auf. Schließlich fallen Schüsse. Es scheint, als wolle ein besonders radikaler Denkmalschützer hier durch Lynchjustiz weitere der illegalen Abrisse verhindern. Bertha Solomon und Lothar Zahn, besser bekannt als Solo und Tarzan, interessieren sich für den Fall und sind bald viel tiefer darin verstrickt als ihnen lieb sein kann.

Wieder ein sprachlich hervorragender und sehr spannender Krimi des Herrn Krämer. Sehr zu empfehlen!

Lesen, und zwar sofort!

Sonntag, 10. November 2013

Anne Riebel: Silvaner trocken - oder ein tödlicher Tropfen

Als Moritz Wolff sich in der Gaststube fürchterlich mit seinem Vater streitet, werden alle anwesenden Gäste zu Zeugen, auch Marius Hilzdegen, der gerade seine Ernennung zum jüngsten Kommissariatsleiter in Rheinland-Pfalz feiert. Am nächsten Tag wird der Vater vergiftet aufgefunden. Es kann zwar zunächst Selbstmord nicht ausgeschlossen werden, aber die Art der Vergiftung, welche zu einem äußerst qualvollen Tod führt, lässt dies eher unwahrscheinlich erscheinen. Das wirft natürlich ein schlechtes Licht auf den streitbaren Sohn des Opfers.
Die Winzerin Josefine Laux und die mit ihr befreundete Buchhändlerin Charlotte Messerschmidt beginnen, sich für den Fall zu interessieren und ermitteln heimlich auf eigene Faust. Die Spuren führen weit in die Vergangenheit. Sehr weit!

Sprachlich sehr schön und mit einem recht komplexen Plot ausgestattet ist dieser spannende Roman eine überaus fesselnde Lektüre. Sehr zu empfehlen, bitte mehr davon, Frau Riebel.

Unbedingt lesen!

Samstag, 26. Oktober 2013

Manfred H. Krämer: Kohlemord

Ein alter Obdachloser haucht sein Leben in einer Suite im teuersten Hotel der Stadt aus, und zwar offensichtlich beim Stelldichein mit einer umwerfend hübschen jungen Frau, die kurz vor der Entdeckung der Leiche beim Verlassen des Zimmers beobachtet wurde. Die Polizei glaubt an eine natürliche Todesursache und will den Fall abschließen. Hauptkommissar Hans-Peter Bluhm jedoch kennt den alten Stadtstreicher und ihm kommen die Begleitumstände dieses Todes doch recht seltsam vor. Er ermittelt gegen den Willen seiner Vorgesetzten und stößt bald auf eine heiße Spur. Und dann versucht jemand, ihn umzubringen. Nur durch einen Zufall überlebt er den Anschlag und liegt schwer verletzt im Koma. Glücklicherweise bekommt Privatermittler Lothar "Tarzan" Zahn von der Sache Wind, ein lebensgefährlicher Tanz mit einem übermächtigen Gegner beginnt.

Ich möchte es kurz machen: Das Buch von Manfred H. Krämer enthält eine komplexe und gut recherchierte Geschichte aus der Welt der Binnenschiffahrt. (Ich verweigere mich an dieser Stelle aus ästhetischen Gründen der neuen Rechtschreibung.)
Der Roman ist sprachlich ein Genuss und spannend bis zur letzten Seite. Selbst der kurze Epilog bietet noch eine Überraschung. Dass immer wieder Internetadressen eingestreut sind, die einen zu schönen Fotos der Schauplätze führen, rundet den Lesegenuss ab.

Ein tolles Buch! Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Und jetzt gehe ich zum Bücherdealer meines Vertrauens und bestelle alles, was der Autor bisher geschrieben hat. Vielen Dank an Andrea für diesen Tipp!

Sonntag, 20. Oktober 2013

Mark Millar, Steve McNiven: Wolverine - Old man Logan

Was wird eigentlich aus Superhelden, wenn sie altern? Was tun sie, wenn sie Fehler begangen haben, die so schrecklich sind, dass sie daran zugrunde gehen. Wie sieht das Amerika des Marvel-Universums aus, wenn die Superschurken gewonnen haben?

Diese und viele weitere Fragen beantwortet das Comicbuch aus der Feder von Mark Millar mit den brillanten Zeichnungen von Steve McNiven. Es zeigt einen einen gealterten James Howlett (Logan/Wolverine), der sich in Kalifornien zur Ruhe gesetzt hat. Amerika ist längst nicht mehr das saubere, aseptische Amerika der Superhelden-Ära. Inzwischen wird es von wenigen Superschurken regiert, die ein grausames Regime führen und die Bevölkerung drangsalieren. Auch Logan und seine Familie werden terrorisiert und zahlen regelmäßig Schutzgeld. Selbst als man ihn fürchterlich verprügelt, wehrt er sich nicht. Er scheint gebrochen.

Definitiv kein Kindercomic, aber wer die spannenden Geschichten aus dem Marvel-Verlag schätzt, sollte sich diesen besonderen Leckerbissen nicht entgehen lassen.

Zeit, ein Wenig Werbung für den neuen Comicbuchladen in Neustadt an der Weinstraße zu machen. Im Nerd-O-Rama in der Klemmhofpassage wird man kompetent beraten und kann in Ruhe stöbern. Der Laden ist noch ganz neu und die Regale folglich noch nicht übermäßig gefüllt. Also unterstützt ihn bitte und gebt ihm etwas Zeit.

Freitag, 18. Oktober 2013

Manfred Spitzer: Digitale Demenz


Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen

Der Psychiater und Neurowissenschaftler Spitzer erläutert in seinem umstrittenen Buch, welche negativen Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung der frühzeitige und exzessive Konsum digitaler Medien bei Kindern und Jugendlichen hat. Er legt dar, dass dieser Konsum nicht nur nicht nützlich ist, sondern kurz- mittel und langfristig äußerst schädlich. Da er seine leidenschaftlich vorgetragenen Thesen mit überprüfbaren wissenschaftlichen Quellen untermauert, besteht für mich kein Grund, ihm das nicht zu glauben. Immerhin ist er Fachmann auf dem Gebiet der Neurobiologie, und kann somit die Relevanz der zitierten Studien einschätzen.

Ein erschreckendes Buch, das zu lesen ich meinen Kolleginnen und Kollegen ebenso dringend empfehle wie Eltern von Kindern und Jugendlichen.

Freitag, 11. Oktober 2013

Andreas Izquierdo: Das Doppeldings

Einen Rennradfahrer erwischt es auf geradezu unglaubliche Art und Weise: Er fährt mit hoher Geschwindigkeit auf ein stehendes Auto auf und fällt durch die hintere Scheibe des Wagens. Dabei wird er von zahlreichen Glasscherben getroffen, eine davon bleibt in seiner Halsschlagader stecken und verschließt die dabei entstandene Wunde nach außen. Er verblutet innerlich.
Der Reporter Jupp Schmitz erscheint für das Dörresheimer Wochenblatt an der Unfallstelle. Er findet eine fremdartig aussehende, schwere Silbermünze in der Nähe des Unfallorts und steckt diese ein. Bald darauf bekommt er ebenso unerwarteten wie unerwünschten Besuch in seiner Wohnung.

Die Eifelkrimis des Herrn Izquierdo sind originell, spannend und lustig. Der Autor hält den Leser nicht künstlich dumm, sondern gibt ihm von Anfang an die gleichen Hinweise, die auch seine Protagonisten erhalten. So kann man mitknobeln und ggf. den Fall selbstständig lösen. Aber das ist nicht einfach.

Unbedingt lesen!

Freitag, 4. Oktober 2013

Josef Kraus: Helikoptereltern

"Die Jugend ist verdorben, gottlos und faul. Mit ihr wird es uns nicht gelingen, unsere Kultur zu erhalten." So steht es auf einem 5000 Jahre alten babylonischen Tonziegel zu lesen. Diese Einschätzung klingt taufrisch und aktuell, und letzten Endes hatte der unbekannte Autor sogar Recht: Die babylonische Kultur ist tatsächlich untergegangen.

Aber das Zitat zeigt noch mehr: Das Gejammer der jeweiligen älteren Generation über den Nachwuchs ist ein zeitloses Phänomen, vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Man sollte es also nicht überbewerten, wenn Jugendliche nicht in allem den Erwachsenen nacheifern und sich von diesen bewusst distanzieren. Dennoch lohnt es sich, einen kritischen Blick auf junge Menschen zu werfen, und sie nicht in allem gewähren zu lassen. Dafür sind wir schließlich Erzieher, Lehrer, Verwandte und Eltern.

Josef Kraus, Schulleiter, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und somit sicher ein Profi, widmet sich in seinem Buch den in den letzten Jahren immer häufiger zu beobachtenden Problemen wie Unselbstständigkeit, Frustrationsintoleranz sowie abnehmende Lebenstüchtigkeit bei jungen Menschen. Bei der Suche nach den Ursachen setzt er bei solchen Eltern an, die ihre Kinder überbehüten und verhätscheln. Er nimmt aber auch kein Blatt vor den Mund wenn es um die Kritik am immer weniger fordernden Bildungssystem geht.

Vieles kommt mir als Lehrer bekannt vor, einiges habe ich selbst schon erlebt und beobachtet. Mit seinen Erklärungsversuchen hat mir Herr Kraus nun wertvolle Hilfen zum Umgang mit solchen Kindern bzw. ihren Eltern an die Hand gegeben.

Ein wichtiges und spannendes Buch.

Unbedingt lesen!

Samstag, 21. September 2013

Andreas Izquierdo: Schlaflos in Dörresheim

In Dörresheim herrscht große Aufregung: greise Nutztiere drehen durch und gewinnen dabei eine sexuelle Potenz zurück, die selbst für ein Jungtier im besten Alter höchst ungewöhnlich wäre. Gleichzeitig taucht ein geheimnisvoller Wunderheiler auf, der den Menschen in der Eifel auf bemerkenswerte Art und Weise eine gute Portion Lebensfreude zurückgibt. Als der von den Eiflern liebevoll "Föttschesföhler" getaufte Heiler schließlich verschwindet, ermittelt Provinzjournalist Jupp Schmitz wieder zusammen mit seinen Freunden Al und Käues im Wettlauf mit der Polizei. Es geschehen erneut rätselhafte Dinge.

Auch dieser Roman von Andreas Izquierdo ist wieder sehr spannend, komplex konstruiert und witzig geschrieben. Ich kann das Buch von ganzem Herzen empfehlen.

Unbeding lesen!

Samstag, 7. September 2013

Andreas Izquierdo: Jede Menge Seife

Jupp Schmitz, Reporter beim Dörresheimer Wochenblatt und Held der Geschichten von Izquierdo, wird gleich zu Beginn dieses Romans in einer Scheune mit einer Mistgabel lebensgefährlich verletzt und fällt für fast den gesamten Rest der Geschichte ins Koma. Seinen Freunden Al und Käues obliegt es nun, diesen Fall aufzuklären. Was die Sache noch verkompliziert ist ein Fernsehproduktionsteam, welches unter der Leitung des kanadischen Spezialisten Herb Buffy in Dörresheim einfällt, um eine drittklassige Seifenoper eines Privatsenders  auf Vordermann zu bringen. Als zwei Darsteller werden entführt werden, richtet sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Team und letzten Endes auch auf die von ihm produzierte Serie. Die Einschaltquoten steigen, und schließlich wird es richtig voll in Dörresheim.
Der Autor schafft es, mit fein gezeichneten Charakteren und skurrilen Einfällen für die Handlung einen Roman zu erschaffen, der ebenso spannend wie lustig ist. Sehr zu empfehlen. Ich freue mich schon auf die beiden anderen Romane aus dieser Reihe, die schon bereit liegen, um von mir verschlungen zu werden.
Lesen, und zwar sofort!


Sonntag, 1. September 2013

Jens Lossau, Jens Schumacher: Der Schädelschmied

Meister Hippolit, der greise und seit einem fehlgeschlagenen thaumaturgischen Experiment im Körper eines Halbwüchsigen gefangene Chefermittler des IAIT und sein Assistent Jorge ("der Erwischer") werden vom weitgehend unterirdisch gelegenen Stadtstaat Barlyn als Ermittler zu einem wirklich außergewöhnlichen Kriminalfall erbeten. Der bei den Bürgern unbeliebte, aber äußerst erfolgreich arbeitende Schürfminister Borkudd, für das Funktionieren des weitgehend vom Bergbau abhängigen Landes der wichtigste Mann, wird getötet in seinem von innen verriegelten Büro aufgefunden. Nicht nur die Frage, wie der Mörder das fensterlose und von massiven Felswänden umgebene Büro verlassen konnte, schein unlösbar zu sein. Auch die Mordmethode ist sehr merkwürdig: Dem Minister wurden augenscheinlich Dutzende Stahlnägel kreuz und quer durch das Gehirn getrieben. Mit einem Hammer. Doch M.H. und Jorge ermitteln nicht alleine. Bald entbrennt ein erbitterter investigativer Wettstreit.

Das neueste Werk des Autorenteams Lossau/Schumacher sprüht mal wieder vor Witz und Einfällen. Die Kriminalgeschichte ist verzwickt und spannend, und dem sie umgebenden Fantasyszenario fehlt völlig der sonst vielfach in diesem Genre übliche Kitsch und Pathos.

Es gibt ein altes Trollsprichwort, und das geht so:
Ein gelungenes Buch, das zu lesen ich dringend empfehle!

Dienstag, 6. August 2013

Andreas Izquierdo: Saumord

Jupp Schmitz, Reporter beim Dörresheimer Wochenblatt, hat all seine journalistischen Träume begraben. Er wird niemals die Reichen und Schönen dieser Welt interviewen, nicht als Auslandkorrespondent über einen Krisenherd berichten, sondern Artikel über den Kaninchenzüchterverein oder das Schützenfest seines Heimatdorfes in der Eifel schreiben. Dass sein cholerischer Chef ihn lieber heute als morgen los werden möchte, ist dabei eine seiner kleineren Sorgen. Als er zu einem kleinen Bauernhof gerufen wird, weil man dort eine vielversprechende Zuchtsau aufgeschlitzt hat, um ihr das Herz zu entfernen, glaubt er zunächst nicht an eine wirklich interessante Story. Bald darauf begeht auf einem anderen Hof eine preisgekrönte Milchkuh auf spektakuläre Weise Selbstmord, und ihm wird klar, dass es in Dörresheim vielleicht doch für einen Journalisten etwas interessantes zu tun gibt. Er wittert eine Story, und wird schließlich so tief mit in diese Geschichte herein gezogen, dass er selbst unter Mordverdacht gerät. Aus dem Jäger wird ein Gejagter.

Andreas Izquierdo legt einen spannenden und intelligent geschriebenen Kriminalroman vor. Er geizt nicht mit Hinweisen, die den aufmerksamen Leser zum Mitraten anregen, doch allzu schnell kommt man dem Täter nicht auf die Schliche. Geradezu hinreißend sind die eingestreuten Dialektsequenzen.

Ein tolles Buch! Lesen!

Donnerstag, 1. August 2013

Bernd Franzinger: Familiengrab

Auf das Haus des steinreichen Parkettfabrikanten Denzer wird ein als Felssturz getarnter Anschlag verübt. Bei dem spektakulären Attentat kommen seine Frau und seine beiden Schwiegertöchter ums Leben. Darüber scheint er nicht unglücklich zu sein. Handelt es sich etwa um einen Geschickt eingefädelten Versicherungsbetrug, bei dem sich der Fabrikbesitzer gleichzeitig der ungeliebten Verwandtschaft entledigen wollte? Dieses zunächst plausibel erscheinende Szenario muss jedoch aufgrund genauerer Ermittlungen bald verworfen werden. Tannenberg tappt zunächst im Dunkeln. Dass der unsympathische Fabrikant in keinster Weise kooperiert macht die Ermittlungen nicht einfacher. Es ist ausgerechnet der Vater des Kommissars, der mit seinen akribisch durchgeführten Modellversuchen entscheidende Hinweise liefert. Man sieht sich alte Akten noch einmal an und findet schließlich eine Spur.

Auch dieser inzwischen elfte Roman aus der Tannenberg-Serie besticht durch ein psychologisch durchdachtes Täterprofil. Die Ermittlungen sind spannend und regen zum Mitraten an. Aber Tannenberg ist ist immer auch ein Wenig "Lindenstraße". Wer Tannenberg liest, liest immer auch Familiengeschichten und Tratsch aus der Kaffeebude. Das muss man nicht mögen, man kann aber. Und letzten Endes sind Polizisten ja auch nur Menschen, und das kann man in einem Krimi ja durchaus auch einmal thematisieren.

Ein schönes Buch! Lesen!

Montag, 22. Juli 2013

Jean Amila: Mond über Omaha

Sergant Riley hatte großes Glück. Vor 20 Jahren überlebte er das Grauen des D-Day bei der Landung der aliierten Truppen in der Normandie. Seit nunmehr zwanzig Jahren erfüllt er die wichtige und ehrenvolle Aufgabe, den Friedhof und das Ehrenmal für die Gefallenen und Vermissten dieses Tages zu pflegen und zu bewachen. Inzwischen ist er mit einer bildhübschen und viel zu jungen Französin verheiratet. Es geht ihm gut, kein Grund zur Klage.
Das Unglück nimmt seinen Lauf, als einer seiner französischen Gärtner stirbt. Dieser nimmt gleich mehrere Geheimnisse mit in sein Grab, und diese enthüllen sich jetzt nach und nach. Es geht um den Inhalt der Gräber auf dem Heldenfriedhof.

In diesem brillanten Roman aus dem Jahr 1964 geht es auch um ein Stück Vergangenheitsbewältigung. Was geschah wirklich bei der Landung in der Normandie? Wer hat die meisten amerikanischen Soldaten auf dem Gewissen? Wie hoch waren die Kollateralschäden? Wie wurden die Amerikaner von der befreiten französischen Bevölkerung gesehen?

Dass dabei, ganz nebenbei, auch noch die Geschichte eines moralisch nur schwer einzuordnenden Mordes erzählt wird, macht das Buch nur um so spannender.

Ein tolles Buch! Lesen!

Montag, 15. Juli 2013

Terry Pratchett: Steife Prise

Samuel Mumm, verdienter und geachteter Kommandeur der Stadtwache von Ank-Morpork und seit seine Eheschließung mit Lady Sybil geradezu märchenhaft reich, fährt mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn in den Urlaub auf's Land. Lady Sybil führt ihn ins gesellschaftliche Leben des Landadels ein, es gibt Tee, frische Luft und himmlische Ruhe. Die Höchststrafe für den bekennenden Workaholic! Doch den Göttern sei dank findet sich recht bald ein ausgewachsener Kriminalfall, in den er seine Nase stecken kann. Es geht um den grausigen Mord an einem Goblin, massenhafte Entführungen, Versklavung und Drogenschmuggel. Dabei bildet er gleich noch den tumben Dorfpolizisten zu einem respektablen Wachtmeister aus. Das sind Ferien nach Sams Geschmack!

Kommandeur Mumm ist so etwas wie der John McClane des Scheibenwelt-Paralleluniversums. Aufgewachsen auf der Straße, ist er ein knallharter Kämpfer gegen das Verbrechen und doch verständnisvoll, wenn es um kleine Gaunereien geht. Wo er auftaucht, geht es dem Verbrechern an den Kragen, und zwar äußerst handfest.

Ein schönes, lustiges und spannendes Buch aus der Feder des Meisters.

Unbedingt lesen!

Sonntag, 30. Juni 2013

Timur Vermes: Er ist wieder da

Auf einem unbebauten Grundstück im Berlin des Jahres 2011 wacht er auf: Adolf Hitler ist wieder da. Seine Uniform riecht etwas nach Benzin, manchmal überkommen ihn rätselhafte Kopfschmerzen, aber sonst ist ER wieder ganz der Alte. Erklärt wird das nicht, man muss das auch nicht erklären, denn es handelt sich um ein "was wäre wenn"-Gedankenexperiment, ganz in der Tradition guter Science-Fiction-Literatur.

ER ist zunächst verwirrt ob all der ungewohnt erscheinenden Dinge, die er beobachtet, doch der Leser merkt schnell: ER hat eine hervorragend ausgeprägte Beobachtungsgabe und findet sich gut zurecht im modernen Berlin. Ein Kioskbesitzer leistet Starthilfe, weil er ihn für einen genialen Comedian hält und vermittelt Kontakte zum Fernsehen. ER nutzt das Medium, als habe er es selbst erfunden - was der historischen Wirklichkeit ja durchaus nahe kommt. Und so gewinnt ER bei seiner rasch entstehenden Fangemeinde Einfluss.

Timur Vermes liefert ein brillantes Gedankenexperiment ab! Lacht man am Anfang des Buches noch ÜBER den großen Diktator, so ist man nach und nach von seiner raschen Auffassungsgabe und enormen Anpassungsfähigkeit fasziniert. Irgendwann lacht man nicht mehr ÜBER ihn, sondern MIT ihm. Spätestens da wurde mit klar, dass dies ein wichtiges und gutes Buch ist. Und das sollte man lesen, nicht sich vorlesen lassen. Und das alles sofort!

Daumen hoch und fünf Sterne!

Mittwoch, 5. Juni 2013

Richard Dawkins: Das egoistische Gen

Ergänzte und überarbeitete Auflage

Was ist eigentlich die Triebfeder des Lebens, was treibt Evolution an?
Lernte ich in meiner Kindheit und Jugend noch in den Fernsehdokumentationen dieser Zeit, dass die Erhaltung der Art Ziel allen Handelns innerhalb der Reiche des Lebendigen ist, so merkten nicht nur aufmerksame Wissenschaftler bald, dass diese Hypothese zu einfach gestrickt ist und man damit bei weitem nicht alle biologischen Phänomene befriedigend erklären kann. Schon gar nicht die Evolution selbst, die ja ständig neue Arten hervorbringt. Auch die später geäußerte Vermutung, das möglichst häufige Verbreiten der eigenen Gene in die nächste Generation sei die ursprüngliche Motivation allen Lebens bringt nicht in jedem Fall weiter.

Dawkins schlug Mitte der 70er Jahre eine völlig andere Sichtweise vor: Er betrachtete die Vorgänge von Variation, Mutation und Selektion direkt aus der Perspektive der Gene selbst. Am Anfang waren lediglich kleine Moleküle, die die Fähigkeit hatten, sie selbst zu replizieren. Er nennt sie deshalb Replikatoren. Diese Replikation läuft nicht immer völlig fehlerfrei ab, so entstanden mit der Zeit Variationen der Replikatoren. Manche Replikatoren konnten sich besser replizieren, manche weniger gut. Erstere nahmen deshalb an Häufigkeit zu, die letztgenannten starben mit der Zeit aus. Irgendwann schlossen sich Replikatoren zusammen. Sie replizierten sich als Gruppe. Einige Gruppen von Replikatoren konnten neben Kopien ihrer selbst auch andere Moleküle produzieren, die bei der Replikation nützlich waren. Sei es, dass diese Moleküle die Replikation selbst beschleunigten, sei es, dass sie halfen, Baumaterial für die Replikation zu gewinnen, indem sie andere Replikatoren in ihre Bestandteile zersetzen. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Replikatoren mit der Zeit "lernten", sich mit einer Hülle zu schützen. Die ersten, primitiven Zellen erschienen auf der Bildfläche. Diese Zellen waren nun die Überlebensmaschinen der Replikatoren. Schließlich schlossen sich diese wiederum zu Gruppen zusammen und so weiter.

Dawkins Sichtweise aus der Perspektive der Gene ist nur eine der möglichen Neuinterpretation der darwinschen Evolutionslehre. Von allen mir bisher bekannten fasziniert sie mich jedoch am meisten. Diese Ausgabe seines Werks beinhaltet gegenüber der Erstauflage noch zahlreiche Ergänzungen und Verbesserungen in Form von umfangreichen Fußnoten, sowie zwei erst für diese Auflage verfasste Kapitel.

Dawkins ist inzwischen eine der Leitfiguren einer modernen, wissenschaftlich orientierten Atheismusbewegung. Ironischerweise stammt das mir vorliegende Buch, welches ich gebraucht erworben habe, aus dem Bestand der Bücherei einer Pfarrgemeinde in Süddeutschland. Dort wurde es aussortiert. Ein Schurke, wer böses dabei denkt.

Ein tolles und absolut lesenswertes Buch. Und da es sich, von einer einzigen Fußnote abgesehen, ausschließlich mit Wissenschaft beschäftigt, kann ich es wirklich jedem klar denkenden Menschen empfehlen. Bei einigen anderen Werken des Autors bin ich da etwas vorsichtiger.

Dienstag, 4. Juni 2013

Walter Moers: Der Pinguin

A Very Graphic Novel

Ein verliebtes Eskimopärchen bekommt Besuch von einem ziemlich merkwürdigen Pinguin, der sich aufdringlich in ihrem Zuhause breit macht. Innerhalb kürzester Zeit geht in dem kleinen Iglu drunter und drüber. Und das völlig ohne Worte.

Die Geschichte ist brutal, versaut und zum Brüllen komisch. Ein echter Moers also! Allerdings handelt es sich um die Neuauflage eines Comics, der bereits 1997 unter dem Namen "Wenn der Pinguin zweimal klopft" im Eichborn Verlag erschienen ist. Jetzt erlebt die kleine Moritat ein Comeback in Farbe und als recht hübsch gemachtes Büchlein. Ob dies den Preis wert ist, muss jeder für sich entscheiden.

Sonntag, 12. Mai 2013

Michael Schmidt-Salomon, Helge Nyncke: Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel

Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen

Wenn der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung höchstpersönlich zur Feder greift um ein Kinderbuch zu schreiben, dann erwartet der eine oder andere Leser vermutlich ätzende Religionsschelte und sauertöpfisches Genörgel. Doch diese Erwartungen werden mit diesem Werk nicht erfüllt. Das Gegenteil ist der Fall:

Man liest eine lustige, kindgerecht erzählte und bebilderte Geschichte um die Abenteuer eines kleinen Ferkels, das zufällig von Gott erfährt und neugierig wird. Zusammen mit seinem besten Freund dem Igel macht es sich auf die Suche nach Gott. Was die beiden dann finden, sind jedoch lediglich drei Vertreter der großen Weltreligionen, die sie um Hilfe bei ihrer Suche bitten. Letzten Endes kann jedoch keiner der drei sie überzeugen. Als  Rabbi, Priester und Mufti sich schließlich zu streiten beginnen und dabei sogar recht handgreiflich werden, suchen die beiden Helden der Geschichte nicht mehr weiter nach Gott, sondern das Weite. Sie erklären die Suche für beendet. Die Geschichte endet da, wo sie auch angefangen hat: Ferkel und Igel haben zwar immer noch keine Ahnung, wer oder was dieser Gott ist, wollen das jetzt aber auch nicht mehr so genau wissen. Die kurze Begegnung mit den drei Gottesmännern hat ihnen völlig gereicht. Es fehlt ihnen nichts in ihrer friedlichen, kleinen Welt.

Ich bin grundsätzlich gegen frühkindliche Indoktrinierung. Wer als Erwachsener beschließt, an einen Gott zu glauben oder dies nicht zu tun, der hat meinen Respekt sicher, sofern er solche freien Entscheidungen auch bei anderen Menschen respektiert. Kinder jedoch, die intellektuell noch gar nicht dazu in der Lage sind, Rationales von Irrationalem zu trennen, sollte man mit bizarren Konzepten wie "Hölle", "Sünde" oder gar "Erbsünde" nicht belasten. Für moralisches Handeln braucht es keine Bibel und keinen Koran. Wer seine Kinder zu moralischen Menschen erziehen möchte, sollte diese verstörenden Bücher verstecken und dem Nachwuchs die Lektüre untersagen. Wer etwas anderes behauptet, hat diese Bücher wahrscheinlich entweder unvollständig oder überhaupt nicht gelesen.

Was aber ist mit Kindern, die in christlichem, jüdischem oder islamischem Glauben unterwiesen und erzogen wurden? Sollte man denen das Buch von Michael Schmidt-Salomon zu Lesen geben um sie von diesem Glauben abzubringen? Meiner Meinung nach würde das eher schaden als nutzen. Es würde eher verwirren und verunsichern. Es wäre ebenfalls eine Art der Indoktrination. Und dass ich dagegen bin, habe ich ja bereits deutlich gesagt.

Ich verstehe die Geschichte vom kleinen Ferkel deshalb auch weniger als Kinderbuch, sondern eher als Satire. Trotzdem ist es ein bezauberndes und witziges Buch, das zu Lesen ich jedem Erwachsenen hiermit ausdrücklich empfehle. Für den Einen mag es ein provozierender Denkanstoß sein, für den Anderen einfach nur ein Heidenspaß.

Samstag, 27. April 2013

Richard Dawkins: Der Gotteswahn

Richard Dawkins ist Evolutionsbiologe und lehrt an der Universität Oxford. In diesem Zusammenhang ist er so oft von religiösen Eiferern angegriffen worden, dass er sich schließlich genötigt sah, diese Streitschrift wider die Religion zu verfassen. Er erklärt, aus welchen evolutionspsychologischen Notwendigkeiten heraus der Wunsch nach einer allmächtigen Beschützerfigur entsteht. Er widerlegt die Notwendigkeit von Religion für die Erschaffung eines in einer Gesellschaft notwendigen moralischen Kodex. Schließlich erläutert er, warum Religion, auch in ihrer gemäßigten Form, nicht nur töricht sondern auch schädlich ist. Dabei argumentiert er streng logisch und greift alle jemals an ihn herangetragenen Gegenargumente auf, um sie sogleich in der Luft zu zerreißen.

Jetzt wird mir klar, warum er in seinem späteren Werk "Die Schöpfungslüge" kaum noch auf Religion eingegangen ist, denn mit diesem Buch ist eigentlich alles zu diesem Thema gesagt.

Auch wenn ich die Meinungen des Herrn Dawkins nicht zu 100% teile halte ich dieses Buch für eines der bedeutendsten Werke zu diesem Thema.

Unbedingt lesen, und zwar sofort!
Achtung: Dieses Buch kann religiöse Gefühle verletzen. Lesen Sie es trotzdem.

Sonntag, 24. März 2013

Peter Wohlleben: Der Wald - ein Nachruf

Als ich in den 80er Jahren Biologie und Geographie studierte, war das "Waldsterben" genannte Krankheitsbild in aller Munde. Die Nachrichten waren voll von erschreckenden Bildern der geschädigten Bäume und mit Erklärungsversuchen. Auf der wissenschaftlichen Seite entbrannte damals eine heftige Diskussion: Bodenkundler, Botaniker, Ökologen, Chemiker und viele andere Fachleute stritten sich in aller Öffentlichkeit um den Ursachenkomplex.

Doch inzwischen ist es still geworden um den Wald in Deutschland. Zwar veröffentlicht das Umweltbundesamt noch in regelmäßigen Abständen die Waldschadensberichte, aber davon nimmt einfach kaum noch jemand Notiz.

Peter Wohlleben arbeitet für eine kleine Gemeinde in der Eifel als Förster. Er bewirtschaftet den Wald dort weitgehend nach dem Prinzip echter ökologischer Nachhaltigkeit. In seinen inzwischen Jahrzehnten als Förster hat er sich intensiv mit dem Zustand des ihm anvertrauten Forstes beschäftigt und dabei auch immer wieder sein eigenes Handeln auf den Prüfstand gestellt.

Und in diesem Buch fasst er seine bedrückende Bestandsaufnahme zusammen: Der deutsche Wald ist nicht mehr. Er wurde ersetzt durch eine riesige Nutzholzplantage ohne jeden ökologischen Nutzwert. Diese Plantage wird zudem missbraucht als Viehweide für ehemalige Wildtiere, die in viel zu dichten Beständen auf ihren Abschuss warten. Sie wird bewirtschaftet mit einer Artauswahl, Geräten und Chemikalien, die seine Bodenstruktur und Bodenfruchtbarkeit für immer vernichten. Herr Wohlleben erklärt dies allgemein verständlich, ohne ins Triviale abzugleiten. Dabei ist er rückhaltlos offen und sehr mutig.

Ein tolles Buch, dem ich viele Leser wünsche.

Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Sonntag, 17. März 2013

Richard Dawkins: Die Schöpfungslüge

Warum Darwin recht hat

Seit 1982 wird vom führenden US-amerikanischen Meinungsforschungsinstitut in unregelmäßigen Abständen immer wieder die gleiche Umfrage durchgeführt. Rund 44% der US-Amerikaner bekennen sich regelmäßig dabei zu der Aussage "Gott schuf die Menschen irgendwann innerhalb der letzten 10000 Jahre mehr oder weniger in ihrer heutigen Form." Das bedeutet, dass 44% der Bürger der größten Industrienation auf diesem Planeten Evolution schlicht verleugnen. Des Landes, das über die mächtigste Armee der Welt verfügt und das die ersten Menschen zum Mond brachte und lebend wieder zurück.

Das finde ich beängstigend. Und ich bin mit diesem Unbehagen nicht allein. Richard Dawkins, Evolutionsbiologe an der Universität Oxford, teilt meine Befürchtungen und kämpft deshalb seit Jahrzehnten gegen diesen fundamentalistischen Blödsinn an. In diesem Buch holt er zum Rundumschlag gegen Kreationismus und die Anhänger des "intelligent Design" aus. Er sammelt, sichtlich angewidert, ihre schlagkräftigsten "Argumente" und pflückt sie Stück für Stück auseinander. Dabei bleibt er stets sachlich und streng wissenschaftlich in seiner Argumentation, schreibt dennoch allgemeinverständlich, würzt mit einer guten Portion Humor und hütet sich davor, Religion als solche zu verunglimpfen. Denn das hat sie nicht verdient, die Religion. Ebensowenig, wie sie vernagelte und fanatisierte Kreationisten verdient hat.

Ein wichtiges und tolles Buch. Unbedingt lesen, und zwar sofort!

Montag, 4. Februar 2013

Simon Schneeberger: Fundamentalismus für Einsteiger

"Dem Fundamentalismus gehört die Zukunft. Darüber besteht kein Zweifel mehr. Er ist der neue Megatrend schlechthin. Ein Kondratieff-Zyklus der Religionen. Während er lange Zeit ein Mauerblümchendasein am Rande der Gesellschaft fristete, gehört er heute in vielen Teilen der Welt zum Mainstream."

Unter dem Deckmantel der Satire verbirgt der Autor nur wenig versteckt ein knallhartes Sachbuch. Er weist nach, dass Europa, vermutlich letzte Bastion des Säkularismus, drauf und dran ist, den Intoleranten gegenüber zu tolerant zu werden. Religiöser Fundamentalismus schwappt nicht nur aus der arabischen Welt zu uns, er schickt sich auch an, über den großen Teich aus Amerika kommend den etablierten und vergleichsweise weltoffenen Kirchen das Wasser abzugraben. Und von Südamerika und Afrika aus unterwandern Fundamentalisten schließlich den Vatikan. Wer glaubt, dass die katholische Kirche in ihrem heutigen Zustand schon intolerant und fundamentalistisch ist, der sollte sich lieber anschnallen.

Ein wichtiges Buch! Lesen!

Sonntag, 13. Januar 2013

Stephan Serin: Föhn mich nicht zu

Aus den Niederungen deutscher Klassenzimmer

"Um permanentes Chaos im Klassenraum zu vermeiden, muss den Schülern von der ersten Minute an klar sein, wer im Unterricht der Boss ist. In meiner siebten Klasse war das Murat. Aber danach kam gleich ich, denn ich war mit Murat befreundet."

Stephan Serin schildert in seinem 39 kleine Kapitel umfassenden Buch das Leben und Kämpfen eines Junglehrers in einem berliner Gymnasium. Kichert man zu Beginn noch herzlich und leicht schadenfroh beim Lesen in sich hinein, so bleibt einem doch irgendwann das Lachen im Hals stecken. "Das kann doch nicht wahr sein!" denkt man sich "Der übertreibt doch schamlos!".

Aber da ich die Erzählungen einer Kollegin aus einer nahe gelegenen Großstadt kenne, scheint mir allenfalls die Zusammenballung auf 255 Seiten eine Verdichtung im Sinne einer Übertreibung darzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass sich jede einzelne Episode etwa so abgespielt hat. Herr Serin hat vielleicht hier und da noch etwas ausgeschmückt, aber ansonsten entspricht dieses Buch dem Stand der Dinge in Großstadtschulen in Deutschland. Zumindest in einigen. Wer immer noch glaubt, Lehrer sei ein einfacher Beruf, der möge dieses unterhaltsame Werk lesen.
Und wieder einmal bin ich froh und dankbar, dass ich auf dem Land lebe und arbeite.

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Samstag, 5. Januar 2013

Herbert Weffer: Der rheinische Genitiv und seine Mitläufer

Das Wesen des Rheinländers ist zwar eigentlich selbsterklärend, aber um Berührungsängste abzubauen kann gerne etwas nachgeholfen werden. An der Sprache erkennt man es sofort: Hier lässt man gerne die Fünf gerade sein und das ist auch gut so!
In kleinen, übersichtlichen Kapiteln erklärt Herr Werfer die Eigenheiten der rheinischen Sprache und der rheinischen Mentalität an Fallbeispielen und illustriert dies mit alten Fotos und Postkarten. Für einen Exilrheinländer wie mich ist dieses kleine Büchlein Pflichtlektüre. Für et Hätz un jäjen d'r Kopp! Ich brauch das!

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