Steve Jobs war, und das werden mir sicher auch seine Kritiker bestätigen, eine schillernde und interessante Persönlichkeit. Von seinen Anhängern wurde er wie ein Rockstar gefeiert, während seine Kontrahenten ihn vermutlich am liebsten mit Weihwasser bespritzt hätten, in der Hoffnung, er verbrenne dadurch. Wenige in seiner Branche haben so sehr polarisiert, noch weniger haben derartig viele Innovationen auf den Weg gebracht. Und er war unglaublich erfolgreich. Nachdem die von ihm gegründete Firma ihn vor die Tür gesetzt und er mit NeXT einen weiteren Computerhersteller gegründet und glücklos geführt hatte, bekam er bei Apple eine zweite Chance. Und diese nutze er in einer Art und Weise, die damals niemand für möglich gehalten hätte: Apple ist heute die Firma mit dem höchsten Börsenwert weltweit.
Isaacson begleitete und interviewte Jobs und seine Familie in den letzten Jahren seines Lebens und brachte dadurch noch einige andere Seiten des Apple-Gründers zum Vorschein: Er war ein Musikliebhaber, der Bob Dylan und die Beatles schätzte. Er war bewandert in Zen-Buddhismus und fanatischer Veganer. Gleichzeitig galt er als ein despotischer und überaus launischer Manager, der die Wirklichkeit so nachhaltig ausblenden konnte, dass Isaacson dafür in Anlehnung an das Star-Trek-Universum den Begriff des "Reality Distortion Field" geprägt hat. Gemeint ist Jobs Fähigkeit, die Realität konsequent zu ignorieren, gleichsam zu verzerren und um sich herumzuleiten. Einerseits ermöglichte dies, sich vollends und ohne jede Ablenkung auf ein gesetztes Ziel zu fokussieren. Andererseits konnte er damit auch Firmen in den Ruin und Mitarbeiter in den Wahnsinn treiben. Es ermöglichte ihm, Produkte nach seinen Vorstellungen zu entwickeln, völlig unabhängig von technischer Machbarkeit oder Marktstudien. Die technische Machbarkeit mussten seine Ingenieure nachliefern - nicht immer ein leichtes Unterfangen - den Markt eroberte er schließlich mit seinen charismatischen Auftritten zur Produktpräsentation.
Gerade diesen Aspekt seiner Persönlichkeit, dieses "Reality Distortion Field", beleuchtet Isaacson von allen Seiten. Letztendlich führte es wohl auch dazu, dass Jobs trotz gegenteiliger ärztlicher Ratschläge zunächst versuchte, seine schwere Krebserkrankung mit diversen Naturheilverfahren zu bekämpfen. Ob er bei anderer Behandlung seinen Krebs noch hätte besiegen können, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber die Vermutung liegt zumindest nahe.
Als aufmerksamer Konsument von diversen Publikationen aus dem IT-Bereich waren mir natürlich nicht alle Inhalte dieses Buches gänzlich neu. Trotzdem erscheinen mir jetzt viele Zusammenhänge klarer. Die Apple-Firmenphilosophie versteht man nach diesem Buch auf jeden Fall besser - ob man diese Philosophie nun mag oder nicht.
Ich sag's mal so: Lesen!
Wer sich für Management und/oder IT interessiert: Unbedingt lesen!
Wer Apple-Fanboy oder-girl ist: Lesen, und zwar sofort!
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