Wäre?
Ich habe es ja schon an anderer Stelle geschrieben: Ich stelle hier nur Bücher vor, die mir so gut gefallen, dass ich sie auch zuende lese. Damit sind meine Artikel auf diesem Blog immer Empfehlungen, niemals Verrisse. Das heißt aber nicht, dass mir an den hier vorgestellten Büchern alles vorbehaltlos gefällt. Und bei diesem Buch gibt es auf der "aber"-Seite durchaus etwas anzumerken:
- Zunächst einmal etwas rein Formales: Das Buch wurde auf schwerem Kunstdruck-Papier und durchgehend im Farbdruck hergestellt. Für ein Buch, in dem völlig zu Recht die Ressourcenverschwendung durch die Menschheit angeprangert wird, stellt das m. E. eine ganz erstaunliche Ressourcenverschwendung dar, die die Glaubwürdigkeit des Buches zumindest in Frage stellt.
- Die Autorenschaft bleibt intransparent. Zwar tauchen auf dem Cover zwei Namen als Autoren auf, es bleibt aber unklar, welche Rolle jeder der beiden Herren spielt. Ist der Sachbuchautor Klaus Kamphausen Autor im Sinne eines Ghostwriters, vielleicht in Anlehnung an eine von Harald Leschs Vorlesungen? Oder steuern beide Autoren gleichberechtigt Kapitel zu dem Werk bei? Und wenn ja: Wer liefert welche? Außerdem tauchen in dem Buch gleich mehrere Mitschriften von Interviews auf, die ein mit "Q" abgekürzter Mensch führt. Ich habe nirgendwo einen Hinweis darauf gefunden, wer "Q" ist. An deutschen Universitäten darf für wissenschaftliche Arbeiten i. d. R. nicht aus der Wikipedia zitiert werden. Argumentiert wird auf Professorenseite damit, dass die Autorenschaft bei der Wikipedia intransparent ist. Also kann ich auch aus diesem Buch nicht zitieren, wenn ich ein wissenschaftliches Werk verfassen möchte. Auch nicht bei Abituraufgaben. Das ärgert mich.
- Und noch etwas ärgert mich. Das Buch enthält sachliche Fehler.
Ein paar Beispiel gefällig?
Seite 114: "(...) die Mitochondrien-DNA, auch RNA genannt." Nein, Herr Lesch! Bei allem Respekt, Herr Kamphausen. Die Mitochondrien-DNA nennt man nicht RNA!
Seite 124: "Die Gletscher, die in Deutschland (...) von Skandinavien bis ungefähr zu einer Linie Berlin-Düsseldorf vorgedrungen waren, zogen sich allmählich zurück." Bis zum späteren Düsseldorf hat es das Eis in der letzten Kaltzeit nur einmal geschafft. Zu diesem Zeitpunkt lag aber das Gebiet des heutigen Berlin unter dicken Gletschern begraben und war weit von den Gletscherzungen entfernt. In der Regel war die Eisgrenze viel weiter im Norden. Das ist kein Geheim- oder Spezialistenwissen. Dazu muss man nur einmal den Diercke-Atlas aufschlagen oder in der Wikipedia (!) schmökern.
Seite 357: Die Legende der Karten ist falsch beschriftet. (Nur mal so als Beispiel: blau = Wüstenklima kann nicht stimmen.)
Die Autoren sind bemüht, und das finde ich prinzipiell sehr löblich, sich einen interdisziplinären Blick auf die dargestellten Sachverhalte zu bewahren. Dass der Astrophysiker und Philosoph Lesch sich dabei auch einmal in die Niederungen der Geographie oder der Biologie begibt ist gut und richtig. Dass ihm oder Herrn Kamphausen (das bleibt, wie schon gesagt, intransparent) dabei Fehler unterlaufen, ist fast schon zu erwarten. Deshalb sollte man ein interdisziplinäres Werk wie dieses von Gelehrten der verwendeten Disziplinen Korrektur lesen lassen.
Warum ärgert mich das so sehr? Ganz einfach: Natürlich bin ich, wie vermutlich jeder Lehrer, immer auf der Suche nach im Unterricht verwendbarem Material. Von diesem Werk habe ich mir einen ganzen Fundus an Unterrichtsmaterial versprochen. Doch wenn ich so grobe Fehler in den Disziplinen finde, von denen ich etwas verstehe, dann kann ich mich nicht darauf verlassen, dass in den Disziplinen von denen ich wenig verstehe, keine Fehler auftauchen.
Das ist natürlich schade, denn dieses spannende Werk wurde ganz sicher mit viel Liebe zum Detail gestaltet und verfasst.
Trotz der "Aber"-Liste: Ein gutes und wichtiges Buch. Lesen, und zwar unbedingt und sofort. Ich persönlich empfehle jedoch wegen des Punktes eins meiner "Aber"-Liste die Ebook-Version.
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