Donnerstag, 28. Juli 2011

Simon Beckett: Kalte Asche

In dem Augenblick als der Rechtsmediziner David Hunter die Überreste der nahezu vollständig verbrannten  Leiche zum ersten Mal sieht ist ihm klar: Dieser Mensch ist keines natürlichen Todes gestorben. Eigentlich sollte jetzt ein Spurensicherungsteam und eine Menge weiterer Polizisten auf das abgelegene schottische Eiland gebracht werden, aber ein katastrophales Zugunglück bindet alle Kräfte. Dr. Hunter muss zunächst nur mit Hilfe zweier einfacher Schutzpolizisten und eines pensionierten Kriminalkommissars den Fall untersuchen. Doch es sind weitere Tote zu beklagen, die Situation wird zunehmend brenzlig - auch für Hunter.

Der undurchsichtige Fall ist spannend erzählt und steckt voller Überraschungen. Dabei wirken die Abläufe durchaus glaubwürdig und alles Andere als an den Haaren herbeigezogen. Selbst die letzte Doppelseite ist noch für eine erschreckende neue Wendung gut, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Ein weiterer toller und spannender Krimi aus der Feder des Herrn Beckett in einer Übersetzung von Andree Hesse.

Unbedingt lesen!

Mittwoch, 20. Juli 2011

Simon Beckett: Die Chemie des Todes

"Ein menschlicher Körper beginnt fünf Mi­nuten nach dem Tod zu verwesen. Der Körper, einst die Hülle des Lebens, macht nun die letzte Metamorphose durch. Er beginnt sich selbst zu verdauen. Die Zellen lösen sich von innen nach außen auf. Das Gewebe wird erst flüssig, dann gasförmig.
Kaum ist das Leben aus dem Körper gewichen, wird er zu einem gigantischen Festschmaus für andere Organismen. Zuerst für Bakterien, dann für Insekten. Fliegen. Aus den gelegten Eiern schlüpfen Larven, die sich an der nahrreichen Substanz laben und dann abwandern. Sie verlassen die Lei­che in Reih und Glied und folgen einander in einer ordent­lichen Linie, die sich immer nach Süden bewegt. Manchmal nach Südosten oder Südwesten, aber niemals nach Norden. Niemand weiß, warum."

Man mag die Vorstellung, dass der eigene Körper einst zur Brutstätte neuen Lebens wird, gleichsam zu einem Biotop des Todes, tröstlich finden oder ekelhaft. David Hunter fand es immer nützlich. Er war einer der führenden forensischen Antropologen und beschäftigte sich mit der Biologie und Chemie des Todes. Dabei lieferte er wertvolle Hinweise, die der Polizei bei der Aufklärung von Verbrechen halfen. Nach dem schrecklichen Unfalltod seiner Frau und seines Kindes wollte er eigentlich ein beschauliches Leben als Landarzt führen, doch sein altes Leben holt ihn wieder ein. Eines Tages finden spielende Kinder eine bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte und verweste Leiche. Als dem ermittelnden Beamten Chief Inspector Mackenzie schließlich klar wird, wer da im ländlichen Manham die Schnupfenmittel verschreibt, bittet er Hunter um Hilfe. Nur widerwillig lässt sich der Arzt darauf ein und ist bald lebensgefährlich tief in den Fall verwickelt.

Das Buch ist einer der besten Kriminalromane, den ich jemals gelesen habe. Brillant recherchiert, sprachlich ausgefeilt (Dank an den Übersetzer Andree Hesse!), psychologisch klug aufgebaut, ungemein verzwickt und spannend bis zur letzten Seite.

Lasst Euch nicht von dem Bestseller-Aufkleber abschrecken: Unbedingt lesen!

Montag, 11. Juli 2011

Markus Barth: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex

...und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Sehr netter Happen zwischendurch! Der Comedian und Gagautor Markus Barth startet mit diesem Buch eine ziemlich rabiate Offensive gegen das Zwerchfell seiner Leser. Stand-Up-Comedy im Taschenbuchformat. Meine dringende Empfehlung: Lesen Sie dieses Buch nicht in ihrem Lieblingscafehaus. Spätestens wenn Sie kichernd einen Schluck Kaffee über das Parkett geprustet haben könnte es sein, dass man dort auf Ihre Anwesenheit in Zukunft keinen Wert mehr legt.

Unbedingt lesen!

Sonntag, 3. Juli 2011

Heinz Otto Fausten: Wir haben uns die Zeit nicht ausgesucht

Der junge Heinz Otto Fausten wird, wie so viele seiner Generation, nach dem Abitur zur Wehrmacht eingezogen und nimmt als Panzergrenadier am zweiten Weltkrieg teil. Er macht "seinen Job", macht dabei ob seiner besonnenen und umsichtigen Art sogar Karriere. Schließlich wird er schwer verwundet, verliert ein Bein und findet sich nach der Gefangenschaft im zusammengebrochenen Nachkriegsdeutschland zurecht. Er studiert in Mainz, engagiert sich beim Aufbau der studentischen Selbstverwaltung, wird schließlich Kunsterzieher und Lehrer. 1971 übernimmt er die Leitung eines Gymnasiums im Aufbau.

Der vorliegende Erlebnisbericht ist in einer Kleinauflage im Rahmen der Schriftenreihe "Erzählen ist Erinnern" des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge erschienen. Er setzt sich zusammen aus überarbeiteten Tagebucheinträgen, eingestreuten Briefen aus der Kriegszeit und aus der Erinnerung nacherzählten Erlebnissen v. A. der Nachkriegszeit. Bei der Schilderung der selbst erlebten Kriegsgräuel setzt Fausten nicht auf effekthascherische Übertreibungen und gefühlsduselige Laienpsychologie, sondern reiht weitgehend nüchtern Fakt an Fakt. Erst die Briefe und erzählten Episoden lassen das Entsetzen in den Köpfen der Menschen jener Zeit erahnen.

Für mich hat das Buch noch zwei Besonderheiten, die vielleicht nicht jeder Leser dieses kleinen Artikels nachvollziehen kann:
  • In das Gymnasium, welches Heinz Otto Fausten ab 1971 leitete, wurde ich selbst 1972 als Fünftklässler eingeschult. Mir ist der Autor als humorvoller und teilweise recht unkonventioneller Schulleiter im Gedächtnis geblieben. Mit diesem Buch lerne ich endlich seine Lebensgeschichte kennen. Ich verstehe nun besser, was ihn geprägt hat und lerne den Humor, den er sich trotz dieser Erlebnisse bewahrt hat, noch mehr schätzen. 
  • Mein Großvater entstammt der gleichen Generation, war nur wenig älter als Heinz Otto Fausten. Die beiden haben sogar eine Zeit lang an der Ostfront zusammen kämpfen müssen, wie ich erst kurz vor meinem Abitur erfahren habe. Mein Großvater hat, trotz meiner bohrend-neugierigen Fragen nie über seine Erlebnisse im Krieg gesprochen. Heinz Otto Fausten tut es ehrlich, ohne Umschweife oder Beschönigung. Jetzt wird mir klarer, warum mein Großvater immer schweigen wollte. 
Um so mehr danke ich Herrn Fausten für seine Offenheit.

Ein wichtiges Buch! Lesen!

Samstag, 2. Juli 2011

Carlos Salem: Wir töten nicht jeden

Wie versteckt ein Profikiller seine Waffe ausgerechnet auf einem FKK-Strand? Und wie eine Erektion? Warum nimmt Juan Pérez Pérez zu diesem seltsamen Auftrag ausgerechnet seine Kinder mit? Und warum hat die Mutter dieser Kinder, die schöne Leticia mit der er viele Jahre verheiratet war und die jetzt überraschend mit ihrem neuen Liebhaber an diesem Strand auftaucht, nie etwas von Juans Doppelleben mitbekommen?

Der Plot der Kriminalkomödie von Carlos Salem ist ebenso verwirrend wie originell und bizarr. Am FKK-Strand geht es bald drunter und drüber und weder der Leser noch der Protagonist weiß schließlich, wer denn nun genau im Fadenkreuz des Attentäters steht. Geschickt legt der Autor in jedem Kapitel immer noch ein paar Kohlen nach, und so schüttet man sich als Leser geradezu aus vor Lachen. Trotzdem ist das Finale spannend bis zum Nägelkauen. Herr Salem: Bitte noch mehr solche Bücher!

Ein herrlicher Urlausbspaß - unbedingt lesen!

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Bücherdealer meines Vertrauens, der mit dieser Empfehlung mal wieder 100%ig meinen Geschmack getroffen hat.