Sonntag, 3. Juli 2011

Heinz Otto Fausten: Wir haben uns die Zeit nicht ausgesucht

Der junge Heinz Otto Fausten wird, wie so viele seiner Generation, nach dem Abitur zur Wehrmacht eingezogen und nimmt als Panzergrenadier am zweiten Weltkrieg teil. Er macht "seinen Job", macht dabei ob seiner besonnenen und umsichtigen Art sogar Karriere. Schließlich wird er schwer verwundet, verliert ein Bein und findet sich nach der Gefangenschaft im zusammengebrochenen Nachkriegsdeutschland zurecht. Er studiert in Mainz, engagiert sich beim Aufbau der studentischen Selbstverwaltung, wird schließlich Kunsterzieher und Lehrer. 1971 übernimmt er die Leitung eines Gymnasiums im Aufbau.

Der vorliegende Erlebnisbericht ist in einer Kleinauflage im Rahmen der Schriftenreihe "Erzählen ist Erinnern" des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge erschienen. Er setzt sich zusammen aus überarbeiteten Tagebucheinträgen, eingestreuten Briefen aus der Kriegszeit und aus der Erinnerung nacherzählten Erlebnissen v. A. der Nachkriegszeit. Bei der Schilderung der selbst erlebten Kriegsgräuel setzt Fausten nicht auf effekthascherische Übertreibungen und gefühlsduselige Laienpsychologie, sondern reiht weitgehend nüchtern Fakt an Fakt. Erst die Briefe und erzählten Episoden lassen das Entsetzen in den Köpfen der Menschen jener Zeit erahnen.

Für mich hat das Buch noch zwei Besonderheiten, die vielleicht nicht jeder Leser dieses kleinen Artikels nachvollziehen kann:
  • In das Gymnasium, welches Heinz Otto Fausten ab 1971 leitete, wurde ich selbst 1972 als Fünftklässler eingeschult. Mir ist der Autor als humorvoller und teilweise recht unkonventioneller Schulleiter im Gedächtnis geblieben. Mit diesem Buch lerne ich endlich seine Lebensgeschichte kennen. Ich verstehe nun besser, was ihn geprägt hat und lerne den Humor, den er sich trotz dieser Erlebnisse bewahrt hat, noch mehr schätzen. 
  • Mein Großvater entstammt der gleichen Generation, war nur wenig älter als Heinz Otto Fausten. Die beiden haben sogar eine Zeit lang an der Ostfront zusammen kämpfen müssen, wie ich erst kurz vor meinem Abitur erfahren habe. Mein Großvater hat, trotz meiner bohrend-neugierigen Fragen nie über seine Erlebnisse im Krieg gesprochen. Heinz Otto Fausten tut es ehrlich, ohne Umschweife oder Beschönigung. Jetzt wird mir klarer, warum mein Großvater immer schweigen wollte. 
Um so mehr danke ich Herrn Fausten für seine Offenheit.

Ein wichtiges Buch! Lesen!

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