Donnerstag, 16. Oktober 2025

Pia Klemp: Lass uns mit den Toten tanzen

Pia Klemp? War die nicht mal bei Joko und Klaas?

Richtig geraten. In ihrer Show "Joko und Klaas gegen Pro7" gewinnen die beiden Komiker immer wieder jeweils 15 Minuten Sendezeit zur freien Verfügung. Mal machen sie dann irgendwelchen Unsinn, aber manchmal eben auch vernünftige Dinge. In diesem Fall haben sie drei Menschen mit einem echten Anliegen die Zeit geschenkt, um darüber zu sprechen. Eine davon war Pia Klemp. 

Als ich sie gesehen habe, musste ich angesichts ihrer zahlreichen Tätowierungen spontan an eine moderne Version einer Piratenkapitänin aus "Fluch der Karibik" denken. Das änderte sich schlagartig, als sie zu sprechen begann. In wohlgesetzten Worten erzählte sie von ihren Rettungsmissionen im Mittelmeer. Als Kapitänin privater Seenotrettungsschiffe war sie an der Rettung von rund 1000 Menschen beteiligt. Sie berichtete aber auch von Menschenrechtsverletzungen libyscher Küstenwachen, Folternarben, die sie an Flüchtenden gesehen habe und von unendlichem Leid. Nach vier Minuten habe ich Rotz und Wasser geheult.

Wiedergesehen habe ich sie ausgerechnet hier in Neustadt. Im autonomen Jugendzentrum las sie aus ihren Büchern. Was mich geradezu verblüfft hat war, dass diese so beeindruckende Person in Wirklichkeit ziemlich klein ist. Aber auch hier: Wohlgesetzte Worte, diese Frau redet geradezu druckreif. Ein sehr analytischer Verstand. Ich war wieder beeindruckt und erwarb am Büchertisch alle verfügbaren Bücher, die ich mit dem Bargeld in meiner Geldbörse bezahlen konnte. Jetzt endlich komme ich dazu, sie auch zu lesen. 

Hui! Das war mal wieder eine lange Einleitung!

In diesem Buch erzählt sie von der letzten Mission auf dem Rettungsschiff Iuventa und seiner Beschlagnahmung durch italienische Behörden. Neun Monate arbeitete sie noch als Kapitänin der Sea-Watch III und erlebt auch hier Unbeschreibliches. Aus juristischen Gründen verzichtet sie dann erst einmal auf weitere Missionen. Frau Klemp erzählt aber nicht nur von den Missionen, sie versteckt auch nicht ihre persönlichen Befindlichkeiten. Auch hier benutzt sie wieder eine klare, geradezu anmutige Sprache, kraftvolle Metaphern und eine teilweise deftige Ausdrucksweise. Gut so. Man leidet mit ihr!

Warum bekommen solche tollen Menschen keinen Literaturnobelpreis? Den für Frieden fände ich übrigens mindestens genauso angemessen.

Und jetzt bin ich ein kleines Bisschen verliebt und muss meine Wunden lecken.

Lesen! Und zwar so schnell wie möglich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen